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Artikel zur Komödie «Mutter kündigt» (Do, 22.7.2021, 20.15 Uhr, ZDF)


Mutter kündigt | abendblatt.de 

Von Klaus Braeuer, dpa


«Mutter kündigt»: Mama hat die Schnauze voll

Berlin (dpa) - Eine Mutter mag nicht länger für ihre (ziemlich großen) Kinder da sein - die Hauptrolle in einer neuen ZDF-Komödie spielt Maren Kroymann.
Streikende oder verzweifelte Mütter waren schon mal im Fernsehen zu betrachten. Aber das eine liebend Mutter vor ihren erwachsenen Kindern alles hinwirft, war bislang noch nicht zu sehen. Jetzt ist es soweit: «Mutter kündigt» heißt eine Komödie, die an diesem Donnerstag um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen ist. 

«Ich bin nicht krank. Ich möchte kündigen» - so spricht Mama Carla Michelsen (Maren Kroymann) zu ihren drei Kindern, die vor ihr am Marmortisch versammelt sitzen, auf dem drei Stapel mit ziemlich viel Geld liegen. Es sind exakt 250.000 Euro, das schöne Elternhaus in Potsdam ist bereits verkauft. Damit hat sie die Schulden ihres berühmten, aber nun verstorbenen Mannes Paul (Ulrich Tukur) bezahlt, vereinzelt stehen Transportkisten herum. Mit der Übergabe des Geldes und den Unterschriften unter einem Vertrag betrachtet sie die mütterliche Verbindung zu ihren Kindern als beendet. Alle drei zeigen sich gebührend entsetzt.

Ihr Sohn Phillipp (Stefan Konarske) ist der Jüngste und verdaut den Schock offenbar am schnellsten. Er ist Banker, benötigt aber dringend Geld, da er sich heftig verspekuliert hat und wegen hoher Schulden unter Druck steht. Seine große Schwester Rita (Ulrike C. Tscharre) braucht etwas länger für eine Reaktion, aber auch sie akzeptiert diesen harten Schnitt ihrer Mutter - hat sie doch immer alles getan, nur um ihr zu gefallen. Allein ihre etwas jüngere Schwester Dorothee (Jördis Triebel) will Mamas Kündigung nicht hinnehmen, sie betreibt eine Yoga-Schule, ernährt sich vegan, ist mit einer Frau zusammen und hat eine Tochter, Joe (Lena Urzendowsky) - sie möchte die Familie auf jeden Fall erhalten wissen.

Regisseur Rainer Kaufmann (59, «Eine ganz heiße Nummer 2.0», am 29.7. im ZDF) hat eine Komödie mit Tiefgang inszeniert. Es wird deutlich, dass sich die Mutter durchaus um ihre Kinder gekümmert hat - diese aber offenbar verabsäumt haben, sie richtig kennenzulernen. So ist es ihnen offensichtlich verborgen geblieben, dass Carla seit 50 Jahren raucht. In Rückblenden erzählt er, wie sie als Mama durchaus gerackert hat, um es den Kindern angenehm zu machen, und dass diese mit zunehmendem Alter immer unerträglicher wurden. 

Maren Kroymann (seit wenigen Tagen 72, «Kroymann», «Enkel für Anfänger») spielt die Mutter, die sich immer noch verantwortlich fühlt für ihre Kinder und eben das nicht mehr sein möchte, grandios. Sie macht deutlich, dass es jetzt endlich einmal um sie gehe und nicht um die Kinder. Und dass sie sich nie als «Milchkuh», geschweige als ideale Mutter gesehen habe, weil es ihr noch immer an Duldsamkeit und Hingabe fehle - und vermutlich sei sie sowieso viel zu früh Mutter geworden. Auf die bange Frage, ob Carla ihre drei Kinder gar nicht liebe, antwortet sie: «Doch. Ich mag Euch nur nicht.» 

«Das ist mein absoluter Lieblingssatz im ganzen Film», sagt die Schauspielerin dazu gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. «Es gibt mit Sicherheit viele Mütter, denen es ähnlich geht, die sich aber nicht trauen, genau das auch zu sagen. Den Kindern dürfen die Eltern peinlich sein, aber umgekehrt nicht? Bei uns wird es ausgesprochen. Zu sehen ist ja auch, dass die Kinder so gut wie nichts über ihre Mutter wissen, weil sie egomäßig immer ihr eigenes Ding gemacht haben und immer schön gepampert wurden. Die Mutter war halt immer da. Dieses Verhalten ihrer Kinder hat Carla verletzt, und jetzt setzt sie ein Statement: Seht her, ich bin eine Person, die ihr wahrnehmen solltet.» 

Unbedingt. Zum Ende hin wird auch noch getanzt und gesungen (was Frau Kroymann bekanntlich beides sehr gut kann), und ihr Anwalt Rudi (Rainer Bock) hat einen begnadeten Auftritt, geschminkt und singend. Carla und Rudi sind es, die Joe sehr gut zu erklären vermögen, dass nicht alles Schwarz oder Weiß ist, nicht alles ein Etikett braucht und dass das auch für die Liebe gilt. Und so fahren die beiden frohgemut in den Sonnenuntergang hinein, während die Kinder ratlos zurückbleiben: Mutter hat tatsächlich gekündigt.


Interview mit Maren Kroymann | dpa
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Frage: Frau Kroymann, Sie spielen eine Mutter und Grossmutter. Aber das allein macht diese Figur sicher nicht aus.
Antwort: Nein, ganz und gar nicht. Offenbar spielt der etwas undurchsichtige Anwalt Rudi (gespielt von Rainer Bock) - von dem man anfangs nicht so recht weiß, welche Funktion er eigentlich hat -, auch eine gewisse Rolle in Carlas Leben. Sie begleitet ihn bei seinem Wunsch nach einer weiblichen Identität, und genießt mit ihm einen Bühnenauftritt in Frack und Zylinder im Film. Dieses Spiel mit der Identität ist hübsch undefiniert, es muss ja nicht alles ein Label bekommen oder schon haben. Vielmehr sollten wir alles für möglich halten und auch alles leben - vielleicht hat Carla ja den Wunsch nach einer androgynen Existenz? 

Frage: Das Verschiedensein von Menschen wird hier quasi nebenbei thematisiert.
Antwort: Ja - ist das nicht wunderbar? Es muss doch nicht bei jeder Lesbe oder jedem Schwulen diese ihre oder seine Eigenschaft noch großartig betont werden. Wir zeigen, dass nicht-nur-heterosexuelle Menschen ganz selbstverständlich im Leben vorkommen, und in unserem Film hat das Thema lesbische Beziehung sogar eine gewisse Beiläufigkeit. Für ihre geliebte Enkelin will Carla eben nicht, dass sie in die klassische Frauenfalle tappt, und rät ihr zur Abtreibung. Da macht sie einen Fehler, den sie aber schnell bemerkt. Wichtig ist: Sie ist unterwegs und hat sich auf den Weg gemacht hin zu etwas, von dem sie vermutlich selbst nicht genau weiß, was es wohl sein soll.

Frage: «Ich liebe Euch schon - ich mag Euch nur nicht» - so spricht Carla zu ihren Kindern. 
Antwort: Das ist mein absoluter Lieblingssatz im ganzen Film. Es gibt mit Sicherheit viele Mütter, denen es ähnlich geht, die sich aber nicht trauen, genau das auch zu sagen. Den Kinder dürfen die Eltern peinlich sein, aber umgekehrt nicht? Bei uns wird es ausgesprochen. Zu sehen ist ja auch, dass die Kinder so gut wie nichts über ihre Mutter wissen, weil sie egomäßig immer ihr eigenes Ding gemacht haben und immer schön gepampert wurden. Die Mutter war halt immer da. Dieses Verhalten ihrer Kinder hat Carla verletzt, und jetzt setzt sie ein Statement: Seht her, ich bin eine Person, die ihr wahrnehmen solltet. 

Frage: Gibt es jetzt weitere Rollen-Angebote für Sie als Mutter oder Großmutter?
Antwort: Solche heterosexuellen und mütterlichen Rollen verkörpere ich ja bereits seit 30 Jahren, schon in Serien wie «Oh Gott, Herr Pfarrer» (1988) oder «Vera Wesskamp» (1992). Heute darf ich nun wieder diese Rollen spielen, die ich nach meinem Coming Out vor 27 Jahren leider nicht mehr spielen durfte. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich altersmässig mittlerweile als jenseits von Gut und Böse gelte. Natürlich würde ich auch gerne einmal eine lesbische Figur spielen, aber zunächst war mit wichtiger, Frauenfiguren überhaupt - und seien sie auch heterosexuell -, Brüche, Tiefe und unerwartete Facetten zu verleihen. 
In diese Richtung geht mein gerade abgedrehter Film «Mona und Marie» (mit der wunderbaren Ulrike Kriener, Regie: Marco Petry, Weihnachten im ZDF), in dem es um zwei verfeindete Schwestern geht, die sich irgendwie zusammenraufen müssen. Im nächsten Jahr kommt dann der Film «Liebesdings» (mit Elyas M'Barek, Buch & Regie: Anika Decker) in die Kinos, in dem es auch um das Thema Diversität geht und wo ich eine bisexuelle ältere Comedienne spiele. 
 
Frage: Neben Ihren Film- und Fernseh-Rollen - geht es mit Ihrer Show im Fernsehen weiter?
Antwort: Ja. Im Herbst kommen drei neue Folgen meines Satireformats «Kroymann» (seit 2017 im Ersten). Ich möchte nicht diese Art von Comedy machen, bei der eine Person dasteht und den Leuten eine bestimmte Meinung einträufelt. Ich finde es schön, im Lachen ein Nachdenken zu provozieren, im besten Falle eine Erkenntnis. Ich mag es auch, das was ich bin - alt, lesbisch, Feministin, rot-grün orientiert, tendenziell vegetarisch -, in die Kritik mit einzubeziehen, dabei auch mich selbst zu veräppeln. Das macht meine Haltung nicht unklarer, im Gegenteil: Selbstkritik zulassen, macht souverän.

Frage: Auf der Bühne stehen Sie auch weiterhin?
Antwort: Mein aktuelles Programm heißt ja «In My Sixties». Da ich mittlerweile 72 bin, dachte ich: Das hat sich jetzt langsam erledigt. Stimmt aber nicht - die Leute kommen jetzt erst recht! Unlängst haben wir vor 500 Leuten in München Open air gespielt - es war beglückend, eine tolle Stimmung. Solange Menschen das sehen wollen, mache ich weiter - wenn auch etwas eingeschränkt, weil ich so viel drehe. 

Frage: Die Outing-Kampagne «#ActOut» war ein ziemlicher Erfolg, oder?
Antwort: Oh ja, das war aber auch sehr gut vorbereitet. Es wurden unglaublich viele Künstler mit ins Boot geholt, und die Diskussionen danach haben sich sehr stark zu den Bereichen Inklusion und Trans-Identität hin geöffnet. In diesem Manifest haben sich Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen, auch über die sexuelle Identität hinaus zusammengefunden und gezeigt. Das finde ich sehr modern und richtungsweisend, und das habe ich gerne unterstützt - obwohl ich selbst ja schon längst geoutet bin. Ich betrachte das als eine geglückte gemeinsame Fortsetzung der Arbeit einzelner, die das schon vor Jahren und Jahrzehnten gemacht haben. Es ist gerade heute unbedingt nötig, solange es die reale Angst und Diskriminierung im Alltagsleben noch immer gibt. Es existieren viele Stadien von Aufgeklärtheit und Nichtaufgeklärtheit in unserer Gesellschaft nebeneinander. Viele rollen immer noch die Augen und sagen: Die wollen sich doch nur wichtig machen. 

Frage: Wie haben Sie bislang die lange Corona-Zeit bewältigt?
Antwort: Ich bin gut durch diese schwierige Zeit gekommen - im Gegensatz zu Künstler*innen, die sich als Schauspieler*in auf die Bühne konzentrieren und existenziell bedroht waren und sind. Viele von uns, die vor der Kamera stehen durften, hatten da einfach Glück. Umso wichtiger ist es, dass wir alle, die diesem Berufsstand angehören, zusammenhalten, uns gemeinsam artikulieren, uns gegenseitig unterstützen und uns weiterhelfen. Durch die Corona-Zwangspause für die Bühne im letzten Jahr bin ich übrigens auf den Gedanken gekommen, mir jedes Jahr eine Auszeit zu nehmen. Diese Pausen benötige ich dringend - demnächst geht es also aufs Land in Bayern, zum Digitalfasten und Innehalten.

ZUR PERSON: Maren Kroymann (72), geboren am 19. Juli 1949, wuchs als jüngstes Kind mit vier Brüdern in einem Professorenhaushalt in Tübingen auf. 1982 machte sie mit ihrem ersten Bühnenprogramm «Auf du und du mit dem Stöckelschuh» Furore. 1987 wurde sie für das Fernsehen entdeckt: Als Pfarrersgattin an der Seite von Robert Atzorn spielte sie in der Fernsehserie «Oh Gott, Herr Pfarrer» (1988, ARD); 1992 übernahm sie die Titelrolle als Reederin in der Serie «Vera Wesskamp» (ARD). Von Oktober 1993 bis Dezember 1997 hatte sie mit «Nachtschwester Kroymann» (ARD) ihre eigene Satiresendung - sie ist seit 2017 unter dem Titel «Kroymann» regelmässig im Ersten zu sehen. Seit 2011 ist sie mit ihrem Bühnenprogramm «In my Sixties» auf Tournee. Zuletzt sah man sie im Fernsehen in der ZDF-Serie «Eichwald, MdB» und in der ARD-Reihe «Hotel Heidelberg», sowie in den Kinofilmen «Wendy - Der Film» und «Enkel für Anfänger». Maren Kroymann lebt in Berlin.


Quelle: dpa

Autor: Klaus Braeuer, dpa


Artikel: https://www.abendblatt.de/kultur-live/tv-und-medien/article232854107/Mutter-kuendigt-Mama-hat-die-Schnauze-voll.html

Sendung: https://www.zdf.de/filme/filme-sonstige/mutter-kuendigt-106.html



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